Dienstag, 31. März 2015

Unverhofft kommt oft (oder: das Memo habe ich wohl verpasst)

In den letzten zwei Wochen bin ich ständig in Veranstaltungen reingelaufen, von denen ich scheinbar als einziger in der Stadt nichts wusste. Angefangen hat das mit der Saint Patrick's Day Parade. Da ich meistens mit Walkman unterwegs bin, hat mich der Klang der Dudelsäcke nicht schon auf Kilometer hinweg abgeschreckt, so dass ich tatsächlich plötzlich vor dem Umzug stand und jungen, grüngekleideten Frauen mit Fahnen ihrer Heimat-Countys aus dem Weg springen musste. Und dann haben die Dudelsäcke meine Kopfhörer übertönt. Da begreift man ganz unmittelbar, dass der Dudelsack ursprünglich als Abschreckungsmittel früher klangbasierter psychologischer Kriegsführung entwickelt worden ist.

Der Umzug an sich war nicht sonderlich groß, vielleicht hundert Leute oder so, aber überall haben sich Menschen gesammelt und den Feiernden gewinkt oder zugeprostet. Es war immerhin schon nach fünf, also höchste Zeit für ein Feierabendbier nach hiesigem Brauch, und so hat sich die Feier dann auch ganz automatisch durch die Innenstadt verteilt. Allein auf der großen Einkaufs- und Restaurantstraße Strøget gibt es drei oder vier Irish Pubs, und vor denen haben sich dann sehr urige Szenen abgespielt. Schön ist einfach immer wieder, dass viele Kopenhagener solchen Veranstaltungen gegenüber total offen sind, und man konnte überall freundliche Großmütter im Gespräch mit von-Kopf-bis-Fuß-in-grün gekleideten, ziemlich betrunkenen Ausländern sehen konnte.

Und dann haben sich bei uns im Atrium die Ereignisse regelrecht überschlagen. Anfang der Woche hatten wir das wahrscheinlich bizarrste Event, dass ich hier mitbekommen habe. Eine lokale Spielefirma hat mit dem Gesundheitsministerium eine Blutspenden-Aktion veranstaltet. Als Belohnung gab es statt einer Limo und einem Schokoriegel ein Computerspiel, wobei man sogar mit etwas Glück richtig neue Titel gewinnen konnte. Die Schlange hat allen Ernstes unser ganzes Atrium gefüllt, und das den ganzen Tag lang, bis irgendwann die Veranstalter den Spendenwilligen sagen mussten, dass ihnen die Spiele ausgegangen sind. Das nenne ich ein zielgruppenorientiertes Konzept! Nur wer jetzt denkt dass nur unsere technisch orientierten männlichen Studierenden angestanden hätten, täuscht sich. Gerade gegen Feierabend kamen eine Menge junger Menschen in Blaumann oder Malerkluft durch die Tür, und, wie eigentlich überhaupt bei uns im Gebäude, war auch die Schlange eigentlich ziemlich ausgewogen, was die Geschlechterverteilung anging. (Die junge Mutter mit ihrem vielleicht halbjährigen Kind auf dem Arm hat mich ein bisschen unruhig gemacht, geht aber mit Sicherheit als schlagender Beweis für eine breite Akzeptanz durch.)

Kaum hatte sich der Rauch von dieser Veranstaltung verzogen, ging es bzw. geht es gerade mit dem nächsten Großereignis weiter: der Papierflieger-Weltmeisterschaft! Gesponsort von Red Bull (wem sonst), haben wir jetzt ein paar Tage lang einen intensiven Wettbewerb von Athleten aus aller Welt mit ihren hochentwickelten Protoypen beobachten können, stilecht begleitet von einem DJ, moderiert von drei Jungs in Fluganzügen und mit ein paar Hostessen in Stewardessen-Uniform, die Energie-Drink-basierte Cocktails reichen. Dazu sollte man vielleicht noch sagen, dass unsere Uni für die Vermietung des Atriums richtig Geld nimmt, offiziell für die Reinigungskosten. Hier wird also unmittelbare Forschungsförderung betrieben. Wenn wir statt weißem Papier jetzt noch ausgediente Formulare und andere Makulatur benutzt hätten, wäre das ganze sogar als ansatzweise nachhaltig durchgegangen. Gerade jetzt läuft die Endausscheidung an. Mal sehen, ob ich die Siegerehrung mitbekomme; eine Champagnerdusche in der Uni wäre auch für mich neu.

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